Pauschalreiserichtlinie - Neues Reiserecht ab dem 01.07.2018

Einleitung - Inwiefern sind Reisebüros betroffen?

Nachdem die EU acht Jahre lang an der Pauschalreiserichtlinie gearbeitet hat, wurde diese am 11.12.2015 im Amtsblatt der EU verkündet. Die Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen verfolgt die Stärkung des Verbraucherschutzes, die Schließung von Regelungslücken bei verbundenen Reiseleistungen und Internetbuchungen und sieht eine Umsetzung durch die Mitgliedstaaten zum 01.01.2018 vor. Der Deutsche Bundestag hat die Umsetzung am 01.06.2017 beschlossen. Anwendbar wird das neue Recht damit dann für alle Buchungen sein, die ab dem 01.07.2018 im Reisebüro getätigt werden.

Für die Reisebüros bringt die Pauschalreiserichtlinie insbesondere bestimmte Informationspflichten gegenüber dem Reisenden sowie eine eigene Insolvenzabsicherungspflicht bei der Buchung von verbundenen Reiseleistungen mit sich, wenn das Reisebüro Zahlungen des Reisenden entgegennimmt. Da darüber hinaus die Gefahr für die Büros, in die Veranstalterhaftung zu geraten, durch die Neuregelungen gesteigert wird, ist es erforderlich, sich frühzeitig auf die neue Rechtslage vorzubereiten und die erforderlichen organisatorischen Schritte zu unternehmen, um unnötige Haftungsfälle zu vermeiden.

Übersicht – Was werden die wichtigsten Änderungen sein?

Von der Neufassung des Reiserechts aufgrund der Pauschalreiserichtlinie sind nicht nur die Reisebüros, sondern auch die Reiseveranstalter betroffen.

Änderungen bei den Reiseveranstaltern

Die neue Pauschalreiserichtlinie betrifft Reiseveranstalter und Reisevermittler gleichermaßen, enthält also nicht nur gesetzliche Regelungen gegenüber den Reisebüros, sondern auch gegenüber den Reiseveranstaltern.

So wird die Haftung für Reiseveranstalter dadurch verschärft, dass die Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB für die Geltendmachung von Mängelansprüchen des Reisenden von einem Monat nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise entfällt. Reisende können also zukünftig 2 Jahre lang Mängelansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend machen.

Auch die nach geltender Rechtslage gem. § 651 m BGB vorgesehene Möglichkeit, die Verjährungsfrist für Mängelansprüche des Reisenden in den AGB des Reiseveranstalters auf 1 Jahr zu verkürzen, entfällt. Künftig kann also der Reisende seine Mängelansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter bis zu 2 Jahren nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Pauschalreise geltend machen, ohne dass dann vertragliche Verkürzungen der Mängelansprüche, z. B. durch AGB des Reiseveranstalters, noch zulässig sind. Auch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung des Reiseveranstalters für Pflichtverletzungen, die dieser regelmäßig in seinen AGB vornimmt, wird deutlich eingeschränkt. Nach der Neuregelung wird die regelmäßig im Rahmen von AGB vorgesehene Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung des Reiseveranstalters für Schäden auf den dreifachen Reisepreis nur dann möglich sein, wenn es sich dabei nicht um Körperschäden handelt oder der Schaden beim Reisenden nicht schuldhaft herbeigeführt worden ist. Da das Verschulden des Leistungsträgers (z. B. Hotel) dem Reiseveranstalter regelmäßig gem. § 278 BGB zugerechnet wird, führt diese Neuregelung zu einer deutlichen Verschärfung der Haftung für den Reiseveranstalter.

Erweitert wird auch die Beistandspflicht des Reiseveranstalters. Können Reisende wegen Unwettern oder z. B. der Schließung des Luftraums nach einem Vulkanausbruch ihre Heimreise nicht planmäßig antreten, muss der Veranstalter nach § 651 k Abs. 4 BGB n.F. nicht nur den späteren Rücktransport sicherstellen, sondern die Reisenden für mindestens drei Nächte in einer möglichst gleichwertigen Unterkunft auf seine Kosten beherbergen.

Andererseits sieht die Pauschalreiserichtlinie vor, dass der Reiseveranstalter unter bestimmten Voraussetzungen den Preis für die Pauschalreise bis spätestens 20 Tage vor Reisebeginn auf immerhin bis zu 8 % des Reisepreises anheben kann und auch sonst einfacher als bisher zu Vertragsänderungen berechtigt ist.

Änderungen bei den Reisevermittlern

Für die Reisebüros bringt das neue Recht deutlich mehr Haftungsgefahren als bisher mit sich, weil der Gesetzgeber bei bestimmten Buchungssituationen eine Berufung des Reisebüros darauf, dass das Reisebüro nur als Reisevermittler gehandelt hat, nicht mehr zulässt. So wird nach geltender Rechtslage eine Haftung des Reisebüros als Reiseveranstalter nur dann angenommen, wenn das Reisebüro gegenüber dem Kunden wie ein Reiseveranstalter auftritt, was in der Praxis – von Ausnahmefällen abgesehen – jedenfalls bei professionell aufgestellten Büros eher seltener vorkommt. Zukünftig wird eine Haftung des Reisebüros als Reiseveranstalter nach neuem Recht aber bereits dann angenommen, wenn das Reisebüro bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen versäumt, dem Reisenden das entsprechende Formblatt zu übergeben, die Buchung verbundener Reiseleistungen in einem einheitlichen Buchungsvorgang ausgestaltet oder die Reiseleistungen zu einem Gesamtpreis anbietet oder vermittelt oder verbundene Reiseleistungen unter der Bezeichnung „Pauschalreise“ oder unter einer ähnlichen Bezeichnung bewirbt oder gegenüber dem Kunden bezeichnet (z. B. „Kombireise“).

Gerade die beiden Fallgruppen des einheitlichen Buchungsvorganges oder Bildung eines Gesamtpreises für verschiedene Reiseleistungen, wie Hotelaufenthalt, Flug oder Mietwagen bei unterschiedlichen Anbietern können sich in der Praxis zu einer wahren Haftungsfalle für die Büros auswirken und waren Gegenstand kontroverser Diskussionen. Aus diesem Grund hat es der Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen, dass die verbundenen Reiseleistungen trotz der erforderlichen getrennten Auswahl und Zahlungsverpflichtung in einem Zahlungsvorgang vom Kunden gezahlt werden können.

Reisebüros trifft darüber hinaus bei Pauschalreisen zukünftig eine Informationspflicht gegenüber dem Kunden, wie sie nach geltender Rechtslage bisher allein der Reiseveranstalter erfüllen muss. Danach müssen Reisebüros zukünftig den Reisenden vor Buchung der Reise z. B. über die wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen, Firma und Anschrift von Reiseveranstalter und Reisevermittler, den Gesamtpreis der Pauschalreise, die Zahlungsmodalitäten, die Pass- und Visumerfordernisse des Bestimmungslandes etc. informieren, es sei denn, diese Informationen werden schon vom Reiseveranstalter dem Reisenden übermittelt.

Zudem ist dem Reisenden zukünftig ein Formblatt zur Verfügung zu stellen, in welchem z. B. die Firma / der Name des Reiseveranstalters und der Name des Kundengeldabsicherers einzutragen ist. Bei der Buchung verbundener Reiseleistungen, also dem Fall, dass ein Reisebüro innerhalb von 24 Stunden einem Kunden mehrere Einzelleistungen, wie z. B. Flug oder Hotel für dieselbe Reise bei verschiedenen Anbietern, vermittelt, ist ein eigenes Formblatt auszuhändigen. In diesem Formblatt wird der Reisende insbesondere darauf hingewiesen, dass er verbundene Reiseleistungen und eben keine Pauschalreise bucht. Ebenso ist auch hier der Name des Kundengeldabsicherers anzugeben.

Die vorstehenden Informationspflichten gegenüber dem Kunden vor Buchung der Reise müssen unbedingt ernst genommen werden, zumal das Reisebüro im Streitfall die Beweislast trifft, dass die Informationspflicht gegenüber dem Reisenden korrekt erfüllt worden ist. Zudem drohen bei Verletzung Bußgelder und Abmahnungen durch Wettbewerber oder auch Schadensersatzansprüche des Reisenden, wenn dieser durch die Verletzung der Informationspflicht einen Schaden erleidet. Bei der Verletzung der Informationspflicht bei verbundenen Reiseleistungen droht zudem auch eine Haftung des Reisebüros als Reiseveranstalter.

Die Formblätter sind in den Anlagen zu den Artikeln 250 f. im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) abgedruckt und vom Gesetzgeber inhaltlich verbindlich vorgegeben, wobei nur die vorgesehenen Platzhalter nach den jeweiligen Gestaltungshinweisen zu dem Formblatt auszufüllen sind. Insgesamt gibt es 7 verschiedene Formblätter. Je nach Buchungssituation ist dem Reisenden vor Buchung der Reise das korrekte Formblatt auszuhändigen.

Da der Gesetzgeber bei der Buchung von verbundenen Reiseleistungen eine Schutzlücke für Reisende im Insolvenzfall des Leistungsträgers sieht, haben Reisebüros bei der Entgegennahme von Zahlungen des Reisenden eine eigene Insolvenzabsicherungspflicht gegenüber dem Kunden. Reisebüros müssen also rechtzeitig vor Inkrafttreten der Neuregelung im Fall des Inkassos für eine entsprechende Versicherungslösung Sorge tragen.

Nachfolgend eine Auswahl einiger wichtiger Änderungen im Reiserecht:

(Anwendbar ist das neue Recht für alle Buchungen ab dem 01.07.2018)

Reiseveranstalter

Reisebüro

Einschränkung vertraglicher  Haftungsbegrenzungen

Ausweitung der Haftungsgefahren bei Vermittlung verbundener Reiseleistungen

Wegfall des Ausschlusses nach § 651g Abs. 1 BGB

Informationspflichten für Reisebüros bei Pauschalreisen

Zwingende Verjährungsfrist für Mängelansprüche auf 2 Jahre

Informationspflichten bei verbundenen Reiseleistungen

Beistandspflicht in Fällen außergewöhnlicher Umstände für höchstens 3 Nächte

Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung von Erklärungen und Mängelanzeigen

Erweiterung der Möglichkeiten zur Preiserhöhung auf 8 % des Reisepreises

Haftung für Buchungsfehler

 

Dr. Björn Schreier
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht