Zusätzlicher Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Zusätzlicher Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer

Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes ist zum 01.01.2017 eine Verschärfung des Kündigungsschutzes für schwerbehinderte Arbeitnehmer eingetreten, auf die ich Sie aufmerksam machen möchte:

  1. Bis 31.12.2016 war für die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich (neben einer Beteiligung des Betriebsrates, soweit vorhanden). Dieser Sonderkündigungsschutz bestand erst nach einer mehr als 6-monatigen ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Der Sonderkündigungsschutz galt schon bisher unabhängig von der Betriebsgröße.
  2. Seit dem 01.01.2017 ist zusätzlich eine Beteiligung der betrieblichen Schwerbehindertenvertretung erforderlich. Wenn diese unterbleibt, ist die Kündigung unwirksam (§ 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Diese zusätzliche Hürde für den Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer greift sofort ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, d. h. auch in den ersten sechs Monaten.
  3. Der Gesetzgeber hat bedauerlicherweise keine inhaltlichen Vorgaben gemacht, wie die „Beteiligung“ der Schwerbehindertenvertretung zu erfolgen hat. Gerichtliche Entscheidungen, die sich hierzu geäußert haben, gibt es naturgemäß noch keine. Wir empfehlen daher, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung so auszugestalten wie eine Anhörung des Betriebsrates. Auch hinsichtlich der Fristen sollten Arbeitgeber sich an den für eine Betriebsratsanhörung geltenden Fristen orientieren, wobei erste Stimmen in der juristischen Fachliteratur bei einer ordentlichen Kündigung nicht von einer einwöchigen Frist (wie bei der Betriebsratsanhörung), sondern sogar von einer 8-tägigen Frist für die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausgehen.

Zusammengefasst müssen Arbeitgeber bei Kündigungen gegenüber schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmern eine zusätzliche formelle Hürde beachten, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. Werden die neuen gesetzlichen Vorgaben nicht beachtet, ist die Kündigung unwirksam. Die Wirksamkeit kann auch nicht nachträglich wieder hergestellt werden, was insbesondere bei einer fristlosen Kündigung mit Rücksicht auf die Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen erhebliche Rechtsnachteile mit sich bringen kann.

Thorsten Herbote
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht